Prof. Barbara Junge , Prof. Dr. Claudia Lehmann
Entwurfsprojekt im Hauptstudium
En l’ An 2100 – Fact follows Fiction
En l’ An 2100 – Fact follows Fiction
Interdisziplinäres, immersives VR/AR-Projekt zwischen Bühnen- und Kostümbild
und der Visuellen Kommunikation
En l’an 2000 (In the Year 2000, also loosely translated as France in the 21st Century) is a French image series depicting scientific advances imagined as achieved by the year 2000. At least 87 were produced, by artists including Jean-Marc Côté. They were printed in 1899, 1900, 1901 and 1910, first on paper as cigar box inserts, and later as picture postcards, but never distributed. (Wikipedia)
ansehen: tinyurl.com/yxdte3ac
Es hatte schon immer einen besonderen Reiz sich die Zukunft vorzustellen, denn „The future is unwritten“. Aber wie sieht sie aus, wenn unsere Gegenwart geprägt ist von Begriffen wie Anthropozän und Klimawandel? In die Zukunft legen wir unsere Träume, unsere Hoffnungen, aber auch unsere Ängste und Befürchtungen – im Nachdenken über die Zukunft realisiert sich unser Menschsein.
Aufgabe
In diesem Projekt orientieren wir uns an der Herangehensweise von Jean Marc Coté und erstellen immersive Postkarten an die Zukunft. Wir nutzen Designfiction als reflektierende Praxis, als Medium die Kopplung von interaktiven virtuellen Medien wie VR/AR und realen Objekten, Elementen oder Räumen. Requisiten können ebenso wie Methoden des interaktiven Storytellings helfen, die menschliche Vorstellungskraft zu befördern und mögliche Welten der nahen Zukunft erfahrbar zu machen.
Design Fiction als reflektierende Geschichtserzählungspraxis
Der Begriff Design Fiction geht zurück auf den Künstler Julian Bleecker und den US-amerikanischen Science-Fiction-Schriftsteller Bruce Sterling. Design Fiction ist eine Designpraxis mit dem Ziel, mögliche Zukunftsformen zu entwerfen, zu untersuchen und zu kritisieren, indem spekulative und oft provokative Szenarien erstellt werden. Es ist Teil des spekulativen Design /der Critical-Design-Bewegung.
Als alternative Perspektive sind Spekulationen in Form von Vorhersagemodellen z.B. in der Ökonomie nicht wegzudenken. Die Verbreitung von errechneten Modellen für Risikomuster, Börsen-Optionen, Versicherungen oder Wettervorhersagen zeigen, dass das Spekulieren selbst keine ergänzende oder marginale Rolle spielt.
Julian Bleecker weist in seinem berühmten Essay „Design Fiction“ darauf hin, wie Science-Fiction untrennbar mit der Wissenschaft verknüpft ist. So wurden viele technische Entwicklungen in der Vergangenheit bereits durch SciFis vorhergesagt – zB war das iPad schon in Stanley Kubricks 2001 von 1969 als sogenannter „diegnetischer“ Prototyp zu sehen. Letztlich ist das auch wenig überraschend: Nach David Kirby liegt der zugrundeliegende Zweck von SciFis darin, den Wunsch zu wecken, potenzielle Technologien real werden zu lassen.
Design-Fiction ist also eine Art Autorenpraxis, die die Traditionen des Schreibens und Geschichtenerzählens mit neuen visuellen Praktiken des Design zu kombinieren vermag. Und sie setzt auf das, was Gestalter*innen oder Bühnenbildner*innen besonders gut können: Dinge zu verbildlichen.
VR / AR / XR als immersive Erzählformen
Neue Technologien halten Einzug in immer mehr Lebensbereiche und bedingen einen rasanten gesellschaftlichen Wandel. VR/AR und XR sind längst Elemente nicht nur eines erweiterten Theaterbegriffs geworden, der Tanz, Theater, Performance, Kino, Musik und Kunst miteinander vereint. Auch unsere Informationskulturen, die magischen Kanäle, über die wir kommunizieren, Wissen weitergeben und speichern wandeln sich. Narrationen sind nicht mehr linear, sie werden vielschichtiger, verknüpfter und rhizomatischer. Egal ob virtuell oder real – immersive Formen geraten mehr und mehr in den Fokus.
Dabei lösen sich die klassischen Gegenüberstellungen von Werk und Zuschauer*in, Objekt und Betrachter*in auf. Ähnlich bedeutend wie die Einführung der Perspektive in der Malerei zur Zeit der Renaissance überwinden Betrachtende die begrenzte Fläche der Leinwand / des Bildschirms / des Bildes, werden Akteure und verlassen die physische Realität. In diesem Seminar geht es darum die Immersion durch die Kopplung realer, erweiterter und virtueller Welten auf die Spitze zu treiben, um eine neuartige Raum-Zeit-Erfahrung zu generieren.
Kontext / Kunsthalle
Parallel dazu finden Talks in der Kunsthalle statt. Wir beschäftigen uns mit Fragen wie: Wie bestimmen Quantenphysik, Klimawandel und die Industrie 4.0 unsere Zukunft ? Wie funktionieren interaktive Medien dramaturgisch? In welchen kulturgeschichtlichen Kontext stellen sich Techniken wie VR/AR? Der genaue Zeitplan folgt.
Ablauf
Zu Beginn des Semesters findet ein Unity-Crash-Kurs von Matias Brunacci statt. Hier sollen erste Hürden der Gestaltung in 3D & Programmierung genommen werden. Wir erlernen überdies projektbezogen Techniken wie z.B. Eye-Tracking, immersives Storytelling. Kurze Zeit später findet eine Experimentierwerkstatt in der Kunsthalle am Hamburger Platz zum Ausprobieren erster Ideen mit VR/AR statt. Uns interessiert das Medium, nicht eine spezielle Technik – deshalb muss nicht in 3D gearbeitet werden, Animation oder 360˚ Videos sind ebenfalls möglich.
Gearbeitet wird in kleinen Gruppen, max 2 – 3 Studierende.
Zeiten + Ort
Montag 10 – 16 Uhr: fester Besprechungstermin, Gruppen- bzw. Einzelkonsultationen
Mittwoch 10 – 13 Uhr: bei Bedarf
Raum C102, VK + Kunsthalle
Incom: kh-berlin.incom.org/workspace/838
Erste Besprechung: Mitwoch, 3. April 10 Uhr, Raum C102, VK
15h Friedrich Kirschner, Ernst Busch: Ludologie vs Narratologie
8. – 11. April Einführung Unity Matias Brunacci
15. – 17. April Experimentierwerkstatt Kunsthalle mit Prof. Mathias Jud:
Exploration virtuelle / reale Szenarien
Technische Begleitung: Matias Brunacci