ID: Designing Identity
In unserer modernen Gesellschaft sind wir verpflichtet, Auskunft zu geben, wer wir sind, und uns auszuweisen. Gewöhnlich benutzt man hierfür Personalausweis, Reisepass oder Geburtsurkunde, also offizielle Dokumente, die die wesentlichen Elemente zur Identifizierung enthalten, Name, Geschlecht, Adresse, Foto usw., und so unsere Identität belegen.
Die neu eingeführten, mit RFID-Technologie ausgestatteten elektronischen Personalausweise gehen aber noch weiter und enthalten nicht nur die aufgedruckten Angaben zur Person, sondern funktionieren auch als Schlüssel für den Zugang zu den personenbezogenen Informationen. Außerdem besitzen sie einen Chip, auf dem weitere Identitätsmerkmale wie Fingerabdrücke oder biometrische Gesichtserkennungsdaten abgelegt werden können. Dieses neue System beschleunigt den Identifizierungsprozess, erweitert die Möglichkeiten der digitalen Identitätsüberprüfung und kann zusätzlich für die rechtswirksame digitale Signatur genutzt werden.
Obwohl das System so praktisch erscheint, hat es in der Öffentlichkeit aber auch einige Befürchtungen geweckt, etwa in Hinblick auf Identitätsdiebstahl, unerwünschte Weitergabe persönlicher Daten an Dritte, Eindringen der Behörden in die Privatsphäre oder Nutzung des Systems durch den Staat, um persönliche Informationen zu sammeln.
Das Ziel des Projekts besteht darin, diese Problematiken zu untersuchen und Designexperimente durchzuführen, die die entstandenen Bedenken in einen breiten gesellschaftlichen Dialog einbringen und durch neue Designlösungen überwinden können.
Die State of the Art Technologie bietet heute hochentwickelte Datensicherheits- und präzise Authentifizierungssysteme, z.B. über biometrische Identifikationswerkzeuge. Doch technologischer Fortschritt alleine bedeutet noch keine kulturelle Akzeptanz. Historisch betrachtet gibt es dagegen viele Beispiele kultureller Objekte, die gleichzeitig der Identifizierung dienen, wie die Muster schottischer Kilts als Erkennungsmerkmal für einen bestimmten Clan, eine Halskette und Ornamente auf den Schuhen der Samen, die sich jeweils einem Dorf zuordnen lassen, oder die Tätowierungsmuster der Maori, die den sozialen Status anzeigen.
Welche Art Objekte könnten nun in der heutigen Gesellschaft zur Identifizierung eingesetzt werden? Wie ließe sich ihre Echtheit belegen? Wie könnten also einzigartige, nicht kopierbare Erkennungszeichen aussehen? Ist es dabei sinnvoll, sich durch passive Interaktion zu authentifizieren, oder wäre eher eine aktive Interaktion erforderlich? Wer sollte Zugang zu welchen Informationen haben? Wie können wir unsere Identität auch im Internet belegen? Wäre ein hybrides Authentifizierungssystem möglich, das digitale und physische Welt verbindet? Um das herauszufinden und zu verstehen, welche Rituale der Identifizierung Akzeptanz finden können, müssen wir in einem größeren Zusammenhang auch die sozialen Normen und Ethiken im Umfeld von Identität und Privatsphäre untersuchen.
Das Semesterprojekt bietet den Studierenden durch praxisbasierte Workshops und flankierenden technischen Support die Gelegenheit, sich mit den neuesten Identifizierungstechnologien vertraut zu machen und funktionstüchtige Prototypen zu realisieren. Zur Aufgabe gehört dabei sowohl eine theoretische Studie, um den eigenen Designansatz darzulegen, als auch die Entwicklung eines realen Prototyps, der die Idee praktisch veranschaulicht.
Dieses eLab-Projekt findet in Kooperation mit der Bundesdruckerei und den Fraunhofer Instituten IZM und IAP statt und wird durch Kulturwissenschaftler der HU Berlin, speziell aus dem Exzellenzcluster Bild, Wissen, Gestaltung, wissenschaftlich begleitet.