Theorie-Praxis-Projekt II (Hauptprojekt)
Re-präsentation
Wie die Politik oder das Rechtssystem hat auch das, was man das „Kunstsystem“ mit seinen Bereichen der Produktion, Reproduktion, Distribution und Rezeption nennen könnte, seine eigenen Gesetze. Dieses System mit seinen speziellen Aufgaben, Funktionen und Zielen interpretiert und gestaltet seine Welt anders als andere gesellschaftliche Systeme. Wie die Vertreter/innen der unterschiedlichen Interessengruppen jeweils ihre Umwelt verstehen und verändern, wird in der Konstruktion gesellschaftlicher Räume auf spezifische Weise sichtbar, und zwar nicht nur durch klare, faktische Setzungen, sondern gerade durch Kurzschlüsse, Brüche, Überlagerungen und objektive planerische Fehlleistungen. Zugleich manifestieren sich in diesen Rauminterpretationen die jeweiligen Interessen (Besitz, Macht, Prestige) der Gruppen und der sie mehr oder weniger legitimerweise Vertretenden. Daraus ergeben sich konkurrierende Ansprüche und Umgebungen. Sollen diese sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern miteinander kooperieren, muss über sie verhandelt werden.
In einer Mischung aus vertiefter Theoriediskussion und einer deutlich künstlerisch-praktischen Ausrichtung zielt das Projekt mit Hilfe von Erkundungen, Performances, Installationen und Interventionen im (teilweise noch) öffentlichen Kontext (Stadtraum, Internet, Medien) auf die Sichtbarmachung und Durchdringung von Grenzen unterschiedlichster gesellschaftlicher Milieus und ihrer Funktionssysteme. Im Vordergrund stehen dabei die Analyse, die Darstellung und unter Umständen auch die Übertretung gesellschaftlich-institutionell definierter Räume. Ein besonderer Stellenwert kommt in diesem Seminarteil dem methodischen Fragen nach der Repräsentation zu – zwischen individueller, lobbyistischer oder gesellschaftlicher Stellvertretung und Fragen nach dem Wirklichkeitsgehalt öffentlicher (Selbst-)Darstellungen. Das betrifft sowohl politisch als auch gesellschaftlich demarkierte Räume in der Stadt, ihre historische, vor allem aber ihre zeitgenössische Entwicklung – und nicht zuletzt auch Fragen der Gegen-Repräsentation.
Die einzelnen Projektgruppen können sich das Thema ihrer Arbeit und ihre künstlerischen Mittel selbst wählen. Das Theorie-Praxis-Projekt III kann zudem in der Masterarbeit weiterbearbeitet und ausgebaut werden.