Course Offerings

Prof. Barbara Junge

Entwurfsprojekt im Hauptstudium

Still Moving

Sommersemester 2018
Visuelle Kommunikation Hauptstudium
Barbara Junge und Andreas Meichsner

Unsere traditionelle Vorstellung vom Bild – Fotografie, Zeichnung – ist still, die Begrenzung ist fest, es gibt keine Bewegung, kein Geräusch, keine Interaktion, keine Zeit. Bilder können über diesen herkömmlichen Rahmen jedoch hinausgehen und die uns als normal erscheinenden Grenzen überwinden. Zudem werden Bilder heute zunehmend mittels Bildschirmen betrachtet und es stellt sich die Frage, was passiert, wenn nicht mehr Papier als Träger des Bildes dient und wenn eines der anfangs genannten Elemente hinzugefügt oder entfernt wird. Wie verändern das bewegte, das interaktive oder das vollsphärische 360° VR Bild unsere Beziehung zum stillen Bild?

In der herkömmlichen Fotografie spielen u.a. Künstler wie David Hockney oder Hans-Christian Schink mit den uns bekannten Grenzen und lösen diese auf. In Hockneys Joiners umgeht dieser den unliebsamen verzerrenden Effekt von Weitwinkelobjektiven, indem er Einzelaufnahmen nebeneinander als zusammenhängende Übersichten zusammenstellt. So entstehen Bilder, die mehrere Zeitebenen gleichzeitig im statischen Bild beinhalten. Schink belichtet die Bewegung der Sonne über den Zeitraum einer Stunde und zeichnet damit Zeit und Bewegung in einer einzigen Aufnahme mit dem Nebeneffekt einer Solarisierung in seinen Aufnahmen auf.

Hybride visuelle Erzählweisen können unterschiedlichste Formen annehmen, die vieldeutige Gefilde zwischen Bewegung, Stille, Sound und Interaktion schaffen:

Cinemagraphs (loopförmige Standbilder), die eine oft kleine sich wiederholende Bewegung enthalten, sind eine selbst bei Tageszeitungen mittlerweile etablierte Mischform zwischen Bewegung und stillem Bild. Eine ähnliche Entwicklung sind Apples Live Bilder: Apple verbindet hier standardmäßig seit Ende letzten Jahres in seiner Kamera gewöhnliche Fotos mit einer dreisekündigen Videosequenz. Vine war ein beliebtes Videoportal zum Austausch sehr kurzer Filmaufnahmen, das 2012 von Twitter gekauft wurde.

Flat Frame Videos sind dagegen Videos, die den festen Bildausschnit der herkömmlichen Fotografie für bewegte Bilder übernehmen. Die Screen Tests von Andy Warhol in den 1960er Jahren können hier als Beispiel dienen: In der Regel setzten sich ProbandInnen auf einen Stuhl vor eine Leinwand und wurden mit unbewegter Kamera drei Minuten lang gefilmt.

Vollsphärische 360° Bilder, deren kunstgeschichtliche Vorbilder sich durchaus in römischen Rundfresken oder auch in der Idee des Raumfilms von Sergej Eisenstein finden lassen, wiederum haben keinen Bildausschnitt mehr (allerdings weiterhin einen Standpunkt). Durch gleichzeitigen Verlust der Perspektive auf die reale, bildfremde Außenwelt ist die Immersion und der Eindruck körperlicher Anwesenheit im Bildraum beinahe vollkommen. Bilder haben sich zu (hermetisch abgeschlossenen) Bildräumen gewandelt. Werden die Bilder zudem in 3D Programmen erstellt sind wir bei ganz neuen Formen errechneter Bildern, die das »virtuell« in Virtuell Reality rechtfertigen. Ein Beispiel hierfür sind Künstler wie David Claerbout mit »Olympia« oder auch Ed Atkins, bei denen der sich wandelnde Bildbegriff besonders deutlich wird.

Beispiele – Links
• Andy Warhol: Screen Tests • Lisa Barnard: Virtual Iraq
• Gary Hill: Wall Piece • David Hockney: Joiners
• David Claerbout: Olympia, Rocking Chair • Hans-Christian Schink: 1h
• Kevin Pawel Matweew: Speicherkarten • Jeffrey Shaw: Place-Ruhr

Aufgabe
In diesem Semesterprojekt wird es darum gehen, diese Entwicklungen und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten zu untersuchen, sich damit vertraut zu machen und mit audiovisuellen Erzählweisen zwischen Fotografie, Film und Interaktion zu experimentieren. An dem Projekt Interessierte definieren bitte bis Semesterbeginn eine Projektidee sowie eine Alternative, welche mittels der beschriebenen Erzählformen umgesetzt werden sollen. Als Ergebnisse können audiovisuelle, interaktive Essays, Fotografien, Videoarbeiten, VR Arbeiten und interaktive Video Installationen entstehen.

Ablauf
Arbeitstage sind Montag, Dienstag und Mittwoch.
Feste Besprechungstage sind Montag und Mittwoch Vormittag bei Bedarf.

Sommersemester 2018

Location : n.n.


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