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Michael Schwarz

MA Raumstrategien

Seminar

Kunst- und Erkenntnistheorie


“We thought at the time—and still do—that the greatest legacy of abstract art is the opening of an opportunity to depart from naturalistic and illusionistic art and create a new autonomous space, a space that truly deserves the name of art.” (The Gutai Manifesto, 1956)

„Wir dachten zu der Zeit – und tun dies noch immer –, dass das größte Vermächtnis der abstrakten Kunst die Eröffnung einer Gelegenheit ist von der naturalistischen und illusionistischen Kunst abzurücken und einen neuen autonomen Raum zu schaffen, einen Raum, der den Namen Kunst wirklich verdient.“ (Das Gutai-Manifest, 1956)

Im letzten Semester wurde diskutiert, wie die historisch erkenntnistheoretische Wende des „linguistic turn“ auch in der Kunst eine übersteigerte Konfrontation zweier Positionen förderte und eine Zweiteilung in der Interpretation des Ursprungs der Moderne hervorrief, eine künstliche Trennung von „sinnlicher“ und „begrifflicher Kunst“. Detailiert wurde die Kontroverse zwischen C. Greenberg und J. Kosuth sowie zwischen M. Fried und den Künstlern des Minimalismus besprochen.

Im kommenden Semester stehen im Seminar „Kunst- und Erkenntnistheorie“ vier historische internationale Künstlergruppen im Mittelpunkt, die sehr früh (Mitte der 1950er Jahren) eines miteinander vereint, nämlich diese Trennung zu überwinden bzw. zu verschieben und in unterschiedlichem Grade auch die Dichotomie zwischen Kunst und Leben aufzulösen. In Japan ist es die Gutai Gruppe, in Großbritannien die Independent Group und in Frankreich die Situationistische Internationale sowie in Österreich die Wiener Gruppe. Die intersubjektiv erfahrbare psychologische Situation oder Psychogeographie sollte in der Erzeugung einer Situation zwischen BetrachterInnen und Gegenstand, Raum bzw. Stadt diskutierbar bzw. erlebbar werden. Die Experimente in Malerei, Cabaret, Architektur und Stadtplanung sollen vorgestellt, aber auch in ihrem Scheitern der zum Teil behavioristischen Ansprüche zur Herstellung von Situationen besprochen werden. Auch die Verachtung des Kulturbetriebs und der Bildproduktion als Ware soll thematisiert werden (Debord, Die Gesellschaft des Spektakels).

Im Seminar werden die Manifeste (cooles manifest, Gutai-Manifest) dieser Gruppen gelesen, die KünstlerInnen, Ansätze, Haltungen besprochen und evtl. eigene Selbstversuche herangezogen. Ein besonderes Augenmerk liegt auch auf der Ablehnung der „Automation“ in der Gesellschaft und die kritisierte Rolle des psychischen Automatismus als kreativer Moment der Surrealisten.

Thema werden aber auch die verschiedenen Strategien bilden, die als Methoden der künstlerisch politischen Praktiken eingesetzt wurden und deren Kulminationspunkte von der Revolte über das „Verstehen des Verstehens“ (Erkenntnistheorie) reichen. Weitere Themenfelder sind: Abschaffung von Repräsentation, Ablehnung von Autoritäten und Institutionen, Psychogeographie, Dérive, Theorien der Autorschaft, Formen der Partizipation, Détournement, Kunst und Leben.

Im Seminar besteht die Möglichkeit einer Recherche zu den Künstlergruppen, zu einzelnen KünstlerInnen oder theoretischen Themenfeldern und zu Referaten mit schriftlicher Ausarbeitung. Auch praktische, von der Theorie inspirierte Arbeiten sind möglich.

Einführende Literatur:
Bertozzi, Barbara (Hrsg.): Gutai. Japanische Avantgarde. Japanese Avant-Garde, 1954 – 1965. Darmstadt 1991;
Debord, Guy: Die Gesellschaft des Spektakels. Berlin 1996;
Kunsthalle Wien; Fetz; Wolfgang; Matt, Gerald (Hrsg.): Die Wiener Gruppe. Wien 1998;
Ford, Simon: Die Situationistische Internationale. Eine Gebrauchsanleitung. Hamburg 2006;
Massey, Anne: The Independent Group: Modernism and Mass Culture in Britain, 1945 – 59. Manchester [u.a.] 1995;
Melly, George: Revolt into Style. The Pop Arts in Britain. Harmondsworth, Middlesex 1971;
Tiampo, Ming (Hrsg.): Gutai. Splendid playground. New York 2013;
Ohrt, Roberto: Phantom Avantgarde. Eine Geschichte der Situationistischen Internationale und der modernen Kunst. Hamburg 1990, 1997;
Raab, Thomas: Nachbrenner. Zur Evolution und Funktion des Spektakels. Frankfurt am Main 2006;
Robbins, David (Hrsg.): The Independent Group: Postwar Britain and The Aesthetics of Plenty. Cambridge, Mass. [u.a.] 1990;
Weibel, Peter (Hrsg.): Die Wiener Gruppe. The Vienna Group. A moment of modernity 1954 – 1960. The visual works and the actions. Friedrich Achleitner; H.C. Artmann; Konrad Bayer; Gerhard Rühm; Oswald Wiener. New York 1997.

Wintersemester 2014/2015

1. und 2. Studienabschnitt

Weekday : Mittwoch

Cycle : Wöchentlich

Time: 14.00 h – 16.00 h

Start : 21.10.14

End : 10.02.15

Location : Raumstrategien, T3.01


Number of participants : 0 (0)