Projekt
Die üble Sache
Im Grunde ist die Üble Sache ungefähr das. Allem in dir ist übel, alles ist verzerrt. Und da du nur durch Teile deiner selbst - deine Sinnesorgane, dein Gehirn usw. - Bekanntschaft mit der Außenwelt schließt, und da allen diesen Teilen kotzübel ist, erreicht die Welt, wie du sie wahrnimmst und kennst und in ihr bist, dich nur durch diesen Filter der Übelkeit, und auch ihr wird übel. Allem in dir wird übel, und alles Gute verschwindet aus der Welt wie die Luft aus einem kaputten Luftballon. In der Welt, wie du sie kennst, gibt es nur noch scheußlichen Gestank, traurige, verzerrte und entsetzliche Pastellbilder, scheppernde oder todtraurige Geräusche, unerträglich andauernde Situationen, die zu einem Kontinuum aufgefädelt werden, das einfach kein Ende nimmt ... Unvorstellbar dämliche und hoffnungslose Ideen. David Forster Wallace
D. F. Wallace schreibt im Buch „Der Planet Trillaphon im Verhältnis zur üblen Sache“ über Depressionen. Eigentlich über seine Depressionen. Er legte seine persönliche Krankheit offen und schuf damit die Literatur.
Seit mehr als einem halben Jahr befinden wir uns im Covid-19 Gestirn. Der permanente Ausnahmezustand im Alltag hinterlässt tiefe Spuren hinter und spaltet unsere Gesellschaft. Es fehlt an Kultur, Berührung und Begegnungen. Wirtschaftliche Krisen, Meinungsverschiedenheiten, Demonstrationen gegen und Verschwörungstheorien um Corona, Fremdenfeindlichkeit… überall ist der Aufruhr spürbar. Es gibt Kämpfe gegen die Pandemie und Kämpfe um die Würde. Wir leben mit dem Virus und lernen vom Virus über uns und über die anderen. Das Virus, sagt Derrida, ist stets der Fremde, der Andere, der Ausländer.
In unserem Semesterprojekt werden die Geschichten aus der Black Box Virus gezeichnet, die in einem persönlichen oder soziopolitischen Zusammenhang stehen. Wir suchen die Üble Sache in unserem Umfeld, die aus dem Trauma und aus der gegenwärtigen politischen Situation, aus der Krankheit, also aus all dem, was uns übel macht, entsteht und uns hilflos macht, hilflos und nachdenklich.
Die üblen Sachen werden reproduziert, materialisiert, intensiviert und ausgedehnt, Depression, Trauma, Pandemie, Apartheid, Diskriminierung, Verfolgung, Krieg etc. Wir werden von der abscheulichen Sache inspiriert und kreieren eine Graphic Novel aus den Immunfantasien der eigenen munter machenden Geschichte.
Workshops/Gespräch von Ina Bruchlos und von Michael Jordan sind eingeplant
Beginn des Projekts: Mo. 12.Okt. 10h.
Gruppenarbeitsbesprechung findet virtuell statt.