Entwurfsprojekt
Lob des Schattens
Mit der zunehmenden Zeit, die wir heute in geschlossenen Räumen verbringen, wächst unsere Sehnsucht nach möglichst viel Licht. In Vergessenheit gerät darüber, dass Schatten dessen lebensnotwendige Kehrseite ist. Schatten schützt, kühlt, hat Tiefe, umhüllt, moduliert, lässt Plastizität und Räumlichkeit wahrnehmbar werden. Schattenprojektionen transformieren dreidimensionale Objekte ins Zweidimensionale und können Formen, Proportionen und Dimensionen verändern – eine Bereicherung für die Wahrnehmung.
Im Projekt soll es um den Schatten als reales Phänomen gehen, ebenso wie um den Schatten als Metapher. „Lob des Schattens“ ist der Titel eines Essays von Tanizaki Jun’ichirō, in dem der Autor die japanische Ästhetik des Wabi Sabi in Beziehung setzt zu den Produkten und Errungenschaften der westlichen Welt und nicht zuletzt deren von ihm als grell empfundenem Licht. Der Schatten steht hier auch symbolisch für Vielschichtigkeit, Subtilität und eine sich erst bei näherem Hinsehen erschließende Schönheit, die durch Altern, Gebrauch oder eine besondere Beziehung des Betrachters zum Objekt entsteht oder gar nicht in den Objekten selbst liegt, sondern sich im Schattenspiel zwischen ihnen entfaltet.
Wir beginnen mit einem fotografischen Schattentagebuch und einer Objektsammlung, um die eigene Wahrnehmung für die Anwesenheit von Schatten und für verborgene Objektqualitäten zu schärfen. Begleitend setzen wir uns mit dem Begriff der Schönheit in verschiedenen Kulturen und Denkschulen auseinander. Exkursionen in Werk- und Produktionsstätten geben Einblicke in unterschiedliche Handwerks- und Herstellungstechniken.
Entstehen sollen Entwürfe mit einer über ihre utilitäre Funktion hinausweisenden Dimension.