Entwurfsprojekt
Future Urban Mobility
Interdisziplinäres Projekt der weißensee kunsthochschule berlin, Fachhochschule Potsdam und der BMW Group Design
„Wir wollen die 2020er Jahre zu einem Aufbruch in der Mobilitätspolitik nutzen und eine nachhaltige, effiziente, barrierefreie, intelligente, innovative und für alle bezahlbare Mobilität ermöglichen.“ Mit diesen Worten leiten die Vertreter der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ihre Vorhaben zum Thema Mobilität in ihrem Koalitionsvertrag ein.
Mobilität sei ein „zentraler Baustein der Daseinsvorsorge, Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Logistikstandorts Deutschland mit zukunftsfesten Arbeitsplätzen“. Dafür werde man die Infrastruktur ausbauen und modernisieren sowie Rahmenbedingungen für vielfältige Mobilitätsangebote in Stadt und Land weiterentwickeln, versprechen die Parteien.
Dem Anspruch der neuen Regierung, die Mobilitätswende ernsthaft in Angriff zu nehmen, stehen unübersehbar vielfältige Ambivalenzen im Verhalten der Menschen und Unternehmen gegenüber. Wie passt das Allzeithoch an in Deutschland zugelassenen PKW zu den Klimazielen der Ampel-Koalition und den Forderungen junger Menschen der klimapolitischen Bewegung Fridays for Future? Wie kann die Beliebtheit von SUVs sowie das Schutz- und Statusbedürfnis vieler Autofahrer*innen und die gleichzeitige Diffamierung dieser Fahrzeugklasse erklärt werden? Wie passen verkehrsberuhigte grüne Straßen und die Umwidmung von Parkraum mit dem Wunsch nach einem haus- und wohnungsnahen Zugriff auf ein (eigenes) Fahrzeug zusammen? Und wie nachhaltig und sozial verträglich sind MaaS-Angebote (Mobility as a Service), Uber-Dienste, E-Scooter und Electric air taxis wirklich?
Automobilhersteller, Mobilitätsdienstleister und Kommunen, aber auch Designstudiengänge stehen vor der Herausforderung, die offensichtliche Unvereinbarkeit ökonomischer, ökologischer und sozialer Ziele klarer zu benennen, zu diskutieren und gleichzeitig Antworten auf unvermeidbare Ambivalenzen unseres Mobilitätsverhaltens zu finden.
Im Kurs sollen diese Ambivalenzen individueller Konsum- und Mobilitätsmuster, stadtplanerischer Entscheidungen – z.B. zu konkurrierenden Flächennutzungen – sowie weitere Konflikte im Kontext Mobilität & Transformation aufgedeckt und benannt werden. Mögliche Ambivalenz-Cluster, die im Kurs thematisiert werden und für die gestalterische Lösungen, Interventionen oder Provokationen entstehen können sind:
• Stadt-Land-Mobilität: Wunsch nach Rückzug und günstigem Wohnraum in ländlichen Regionen und Arbeiten in der Stadt;
• Raumkonflikte in der Stadt: Welche Mobilitätsform bekommt wieviel Raum, zu welchem Preis, dauerhaft oder temporär?
• Sicherheit und Komfort: Rückzugsort Auto versus ÖPNV, Lastenfahrrad oder E-Scooter;
• Freiheit und Verantwortung: Tempolimit, Verbrennerverbot, Citymaut und andere ordnungspolitische Instrumente stehen beispielhaft für Ambivalenzen politischer Entscheidungen;
• Recruiting: Die Attraktivität eines Automobilherstellers als Arbeitsort für Designer*innen ist hoch bzw. wie kann die Attraktivität erhalten oder noch ausgebaut werden?
Ausgangspunkt für die Entwurfsprojekte ist das Aufdecken offensichtlicher und versteckter, häufig tabuisierter Ambivalenzen im Alltag. Dazu gehören Beobachtungen des eigenen Verhaltens ebenso wie die Analyse von Mobilitäts- und Konsumdaten, aktuellen und prognostizierten Flächennutzungen sowie lokalen Diskursen verkehrspolitischer Entscheidungen. Die Bandbreite möglicher Ergebnisse des Entwurfsprozesses reicht von konkreten Service- , UX- und Produktinnovationen für die Reduzierung, bzw. ein besseres Management unerwünschter Ambivalenzen bis hin zu Konzepten der Sichtbarmachung – häufig diffuser – Ambivalenzen im Alltagsverhalten sowie bei längerfristigen Kauf- und Nutzungsentscheidungen mit dem Ziel einer Einstellungs- und Verhaltensänderung.
Das Projekt wird gemeinsam mit BMW Group Design angeboten. BMW unterstützt das Entwurfsprojekt mit fachlichem Input und Workshops. Darüberhinaus steht ein Budget für Gastbeiträge, fachliche Unterstützung, Reisekosten, Prototypisierung und Veröffentlichungen zur Verfügung. Die Abschlusspräsentation findet in München statt, Konzept- und Zwischenpräsentationen in Berlin.