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MA Raumstrategien

Lefebvres Raumtheorie im Spannungsfeld von Kritik und Imagination

Auf das Werk des französischen Soziologen und Philosophen Henri Lefebvres gehen Begriffe und Mottos zurück – ob „dritter Raum“, „differentieller Raum“ oder „Recht auf Stadt“ – die den Spatial turn geprägt und sich seither im akademischen Diskurs, in der künstlerischen Praxis sowie in aktivistischen Kreisen fest verankert haben. Was weniger bekannt ist, ist dass seine Raum- und Urbanisierungstheorie, die in Büchern wie Le droit à la ville (1968; „Das Recht auf Stadt“), La révolution urbaine (1969; „Die Revolution des Städte“ ) oder La production de l’espace (1974; „Die Produktion des Raums“) formuliert wurde, vor dem Hintergrund einer langjährigen Beschäftigung mit dem Alltagsleben entstand.
Lefebvre trieb die Beobachtung einer neuen, besonders subtilen Entfremdung des Alltags infolge der schrittweise Besetzung aller Felder der Produktion, Konsumption und Reproduktion durch kapitalistische Logiken um – ein historischer Zustand, den er „vollkommene Urbanisierung“ nannte. Dennoch erkannte er, dass dieses entfremdete städtische Leben einen kritischen Punkt erreicht, der die Voraussetzungen für eine Revolution birgt.

Im Seminar wollen wir Lefebvres zentrale Thesen zur Stadt, zum Raum und zur Revolution durch seine Vorarbeiten über das Alltagsleben beleuchten. Sein zweideutiges Verständnis von Alltag – einerseits als dominiertem Feld, andererseits als Dimension individueller Aneignungen, die sich unter gewissen Umständen kollektiv raumverändernd auswirken können – ist bis heute faszinierend und kraftvoll, weil die soziale Produktion eines veränderten Raums darin nicht als ferne Utopie, sondern als durch und durch verortete Aufgabe erscheint: eine Aufgabe der Kritik, und der Wandlungen, Neuformungen, Umwidmungen einleitenden Imagination.
Bei der Auseinandersetzung mit seinen Texten geht es uns nicht nur um die Rekonstruktion der Entwicklungsphasen einer Raum- bzw. Urbanisierungstheorie, deren Implikationen bis heute für Interpretationen und Operationalisierungen offen stehen. Es geht auch darum, aktuelle städtische Manifestationen, in Berlin, Deutschland und/oder weltweit, in ihrer historischen (materiell-physischen, mental-symbolischen und sozial-politischen) Bedingtheit zu diskutieren und kritische, kreativ-subversive Praktiken zu reflektieren, durch die neue soziale Räume produziert werden können.
Drittens besteht die Möglichkeit, bei der Konzeption, Gestaltung und Dokumentation eines öffentlichen Podiums mit Lefebvre-Expert*innen mitzuwirken, zu dem das Fachgebiet RAUMSTRATEGIEN im Frühjahr 2017 einladen wird.

Wintersemester 2016/2017

Master

Weekday : Dienstags

Location : Raumstrategien, T3.01


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Hours/week : 2