Course Offerings

Prof. Dr. Gabriele Werner

Like Lovers Do (Memoiren der Medusa)

Nur im Zusammenhang mit BK HK Stefan Hageneier:
https://kh-berlin.incom.org/workspace/1816

Mittwoch 10.30h - 13-00h

Vom Lachen, vom Spiel auf Flöten und von der Schwesternliebe. Eine kurze Einführung in die Seminarlektüren

Ausgerechnet in Zeiten wie diesen sich mit einem Theaterstück beschäftigen, in dem es um Vergewaltigung, sexualisierte Gewalt, sehr schlechten Sex und zerstörte Mädchenträume geht? Echt jetzt?
Ja, jetzt erst recht! Es ist nämlich nicht unerheblich, den Zusammenhang zu verstehen,
dass Gewalt als Mittel der Konfliktlösung ein männliches Verhalten ist, das zuallererst in Geschlechterkonflikten eingeübt wird – so Michael Kimmel in „Angry White Man“ und Theresa Wobbe in „Die Grenzen der Gemeinschaft und die Grenzen des Geschlechts“.

Umso wichtiger aber ist es auch – ohne die Gewalt kleiner zu machen oder die Über-lebenden zu diskriminieren – solchen Erzählungen ihren Raum zu geben, die die Geschichte zugunsten der Frauen wenden. Medusa und ihre Schwestern, die Gorgonen, sind in diesen Erzählungen die Hauptfiguren. Diese anderen Geschichten finden sich in Texten, die zu einer Zeit geschrieben wurden, als schon einmal sicher Geglaubtes ins Schwanken geriet, als die Wissenschaft sich das Recht nahm, phantasievoll und institutionenkritisch Wissen neu zu ordnen.

Genau deshalb sollen die vorgeschlagenen Texte Spielmaterial für die gestaltenden Phantasien sein.

Allen voran Hélène Cixous‘ Aufsatz „Das Lachen der Medusa“ (Le Rire de la Méduse, 1975) – zusammen mit dem einführenden Text von Silvia Stoller „Warum lacht Medusa? Zur Bedeutung des Lachens bei Hélène Cixous“. Der lichte und wirklich empowernde Text von Cixous handelt von der subversiven Macht des Lachens der Frauen als eine Strategie heteropatriarchale Ordnungen und Logiken zu durchbrechen und von der Macht weiblichen Schreibens!
Es folgen die Texte von Renate Schlesier „Das Flötenspiel der Gorgo“ (1982) und von Klaus Heinrich „Das Floß der Medusa“ (1985), die (anfänglich vielleicht beängstigend) tief in die griechische Mythologie und Bildwelt einsteigen und die Kunstgeschichte mitnehmen. Heinrich zeigt auf, dass die Enthauptung der Medusa als Lösung der Geschlechterspannung nur Perseus geschadet hat, das Grauen ruht nicht auf Medusa! Für Schlesier ist die Fratze der Medusa/Gorgo in der Kunst und im Kult eine Maske, die Wut, Rache und Klage, aber auch Übermut, Wahnsinn und Lüsternheit geradezu zum Klingen bringt. Für sie ist das Gorgonaion Repräsentantin von Leidenschaften – für die Frauen missachtet und bestraft werden; die Flöte aber fordert dazu auf, diesen vielstimmigen Leidenschaften Gehör zu schenken. Und sie verweist auf den Textschnipsel Sigmund Freuds zum Medusenhaupt – ist allerdings zu höflich, um in schallendes Gelächter auszubrechen.

Rita Laura Segatos 1. Vorlesung in „Wider die Grausamkeit. Für einen feministischen und dekolonialen Weg“ muss sein, da für Segato Vergewaltigung und geschlechterspezifische (= männliche) Gewalt eine Ansprache (!) ist, die nicht etwa an Frauen gerichtet ist, sondern vom Angreifer an Seinesgleichen, mit der die Teilhabe am „Mandat der Männlichkeit“ beweisen wird. Die Funktion von Vergewaltigung ist daher, die Frau in die weibliche Position zu bringen.

Weiterführende Literatur:
Susan Brownmiller, Against our Will. Men, Women and Rape (1975)
Cheryl Benard, Edith Schlaffer, Let’s Kill Barbie! Wie aus Mädchen tolle Frauen werden (1997)
Mithu M. Sanyal, Vulva. Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts. Aktualisiert und mit einem neuen Nachwort (2020)
Dies.: Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens (mit aktuellem Nachwort, 2020)

Ivory Toldson, Race also matters in the classroom – Internalisierte Isolationsdrohungen als Bestandteil der öffentlichen Existenz von rassifizierten Kindern (2013) – zur Erläuterung, was mit dem im Theaterstück erwähnten „signifikanten Anderen“ gemeint ist


Es wird für die Teilnahme auch einen Theorieschein geben. Die Voraussetzungen dafür sind, die Lektüre aller Texte, die Übernahme der Vorstellung der Hauptthesen eines Textes und die Leitung der Diskussion zu diesem Text.

Sommersemester 2022

Location : n.n.


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