Wintersemester 2018/2019,
#16-1546
„So wie Korallenriffe eine Quelle des Lebens und des Schutzes für Meeresbewohner sind,
so lebendig und gleichzeitig sanft umarmt uns living coral“, preist der Anbieter professioneller
Farbstandards auf seiner Webseite seine neue Farbkreation an. Die Korallenfarbe mit
goldenem Unterton, bei Pantone unter der Bezeichnung #16-1546 zu finden, belebe„das Auge und den Geist”.
Viele Phänomene unserer Erde und Gesellschaft produzieren romantische Bilder. Korallen bieten sich da besonders an – mit einer ganzen bunten, tropischen und idyllischen Wasserwelt um sie herum. Doch irgendwie scheinen wir in zwei Welten zu leben. Einerseits ist uns bewusst, dass der Einfluss des Menschen auf die Natur zerstörerische Ausmaße annimmt. Andererseits
verlassen wir uns auch gerne auf die Illusion, dass unsere Umwelt so bleibt wie sie ist. Dabei ist diese heile Welt längst eine Projektion geworden.
Aktuell ist die Situation der Koralle eher ernüchternd: Die Korallenriffe bleichen aus. In vielen Gegenden starben bis zu 90 Prozent der Tiere. Das ist ein gradueller Prozess, der Verlust der Farbe korreliert mit dem Verlust ihrer Nahrungsquelle, die aus an der Oberfläche haftenden Mikroorganismen besteht. Diese können die steigenden Meerestemperaturen nicht verkraften, produzieren stressbedingt Giftstoffe und werden von den Korallenpolypen abgestoßen.
Wenn der Treibhauseffekt anhält, werden Prognosen zufolge die Korallen in 30 Jahren
ausgestorben sein.
Die Arbeit greift diesen Sterbeprozess unterschwellig durch die Darstellung von Farbverläufen
und Farbverlust auf. Auch hier wird eine ästhetische Ebene hergestellt, die aber nicht von
Stabilität und Konsistenz, sondern von Auflösung bestimmt ist. Zum Teil besteht sie aus Gestricken,
die wie ein Protokoll oder eine abstrakte Aufzeichnung gelesen werden können, zum Teil aus
Experimenten mit Farb- und Bleichstoffen, die den Prozess im Material selbst darstellen