Sommersemester 2016, BA/MA Visuelle Kommunikation
Ein Viertel der Geschichte
Erinnerungen, das sind Gefühlszustände, die stets an die Gegenwart gekoppelt unsere Realität sind. Der Mensch vergisst nicht nur, auch das, was er noch zu wissen scheint, wird ständig uminterpretiert. Der Jetzt-Zustand wird zum Färbemittel der Vergangenheit und rückt so unsere Erinnerungen immer wieder in ein anderes Licht. Dies gilt nicht nur für das Individuum, auch das kollektive Gedächtnis ist diesem subjektiven Wandel unterworfen. Jedes Erinnern wird zu einer Neukreation und mit dem Voranschreiten der Geschehnisse verändert sich so auch die Geschichte. Die Vergangenheit ist nicht vergangen, ich erinnere mich. Walter Benjamin zerteilt einen an ihn gerichteten Brief in vier Teile, beschreibt die Rückseiten und reicht die Papiere auf seiner Flucht durch Frankreich 1940 an Hannah Arendt weiter. Drei Teile landen über Umwege im Archiv, das Vierte verschwand.