Sommersemester 2009, Malerei

Anrandungen

Europa hat seine natürlichen Grenzen im Westen, Norden und Süden, nicht aber im Osten.

Lagen die Ränder Europas bis vor nicht allzu langer Zeit noch direkt vor meiner Tür an der Berliner Mauer, so scheinen diese nun immer weiter ostwärts zu wandern, an die Oder, oder schon wieder weiter nach Brest.

Es gibt inzwischen einen anderen Osten als den "Ostblock",und es gibt noch ein Europa was sich nicht deckt mit dem Wunschbild, das die Europäer sich von sich selber machen. Die Welt beginnt jetzt dort, wo sie früher für viele schon zu Ende war, die Geschichte beginnt noch einmal, wo sie schon zu Ende gekommen schien. Hinter dem was wir zu kennen meinten, liegt das Neuland, das es erst noch zu entdecken gilt.

 

Wo wird das wirtschaftlich und politisch vereinte Europa einmal seine Ostgrenze finden? Welche Staaten können dazu gehören und wann ist die Integrationskraft der Europäischen Union überfordert? Solche Fragen stellen sich heute mit Vehemenz, sorgen für Emotionsschübe und Kontroversen.

In den neuen EU Ländern im Osten gab und gibt es viel zu tun, um diese aus dem Ruin herauszuführen, aber nichts scheint so vordringlich wie die Sicherung neu gewonnener Privilegien. Ich bin Augenzeuge nicht des Verschwindens der Grenze, sondern ihrer Metamorphose. Das Europa, das entsteht, ist nicht grenzenlos, sondern eines, das lernt, seine Grenzen zu finden und damit zu leben.

Aber weniger der politische Aspekt interessiert mich hier, sondern die Barriere selbst soll Thema meiner Arbeit sein. Die Grenze als Trennlinie, eine Abgrenzung, die Räume voneinander trennt. Die Grenze die den Raum macht, in dem man lebt. In grenzenlosen oder unbegrenzten Räumen lebt es sich hingegen schlecht. Die Grenze, auf die wir angewiesen sind, markiert nur einen Übergang, einen Umschlagpunkt, sie ist Gliederung des Unförmigen und Formlosen. Diese Grenze schreckt nicht ab, sondern ist ein Reiz, der jeder neuen Erfahrung, jedem Abschied und jeder Ankunft eigen ist. Grenzen sind Zeichen des Reichtums an Differenz. Grenze ist die Verpflichtung, für das eigene Haus verantwortlich zu sein, und die Möglichkeit, anderswo Gast sein zu können.

 

Was wäre Europa ohne seine Grenzerfahrungen? Wäre es nicht ohne seine Übergänge zweifellos kulturell ärmer? Der Reichtum Europas bemisst sich nach seinen Übergangslandschaften. Sie sind dort, wo man dazugehören kann, auch wenn man nicht die Sprache des Landes spricht. Sie bringen Kunstwerke zustande, die nur dort möglich sind, wo sich etwas mischt.

 

Eine Reise entlang der Randgebiete unseres großen politischen und zivilisatorischen Gefüges, der Europäischen Union von Nord nach Süd von Estland über Lettland, Litauen Ostpolen, Slowakei, Ungarn führt mich bis in die östlichen Grenzregionen von Rumänien. Für diese Bewegung entlang ihrer Landesgrenzen plane ich etwa 6 bis 8 Wochen Reisezeit mit dem Auto. Eine Serie von Fotoarbeiten soll aus diesen Reisebeobachtungen und Begegnungen am Wegesrand in Anlehnung an meine oben aufgeführten Gedanken und Fragestellungen zum Projektthema "Anrandungen" entstehen. Wenn möglich, möchte ich diese in einer kleinen Auflage als Buch publizieren. So eine Vorauswahl treffend, werde ich in nun folgender Atelierarbeit eine Reihe neuer Malereien verwirklichen die in einer abschließenden Ausstellung mündet.

ProjektkategorieProjekt Projekt-Fächer Malerei
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