Sommersemester 2007,

Junost Bang

Ausgangspunkt für Kerstin Honeits Installation Junost Bang bot ein ausrangierter Kofferfernseher sowjetischer Herstellung mit einem verblichenen Werbeaufkleber für den Actionthriller Dead Bang, der als einer der ersten Hollywoodfilme in den knapp wieder vereinten Teilen Ost- und Westdeutschlands gleichzeitig in die Kinos gekommen war. Die konkrete Gegenüberstellung des kyrillischen Schriftzuges der Marke des Fernsehgerätes mit dem Titel des stereotypischen amerikanischen Films irritiert als Zeitdokument für das Aufeinanderprallen von der frisch deklarierten Vergangenheit des Ostens mit der zeitgleich bestimmten Gegenwart des Westens. Kerstin Honeit hat dieses Element der zeitlichen und perspektivischen Verschiebung weitergeführt, indem sie einzelnen Szenen des Actionthrillers Dead Bang (mit Miami Vice Darsteller Don Johnson in der Hauptrolle) ausgewählt und wieder montiert hat, um sie schließlich neu zu synchronisieren und damit die Adlershofer Tradition als ehemaliger Sitz des Fernsehens der DDR weiterzuführen. Dabei ist sie anders vorgegangen, als dies bei Vertonungen üblich ist: Statt dass die Synchronsprecherinnen ihr Tempo dem Film anpassen, hat Kerstin Honeit die Geschwindigkeit des Films an die Sprecherinnen angepasst. Die Dialoge werden nun, nicht von den originalen bzw. für die deutsche Fassung ihrerseits bereits synchronisierten Stimmen der Polizisten und Großstadtcowboys, sondern von vier weiblichen Sprecherinnen des Seniorentreffs Alte Schule in Adlershof geführt. Durch diesen Eingriff verdreht und thematisiert Kerstin Honeit einerseits die typischen Geschlechtercodes und eröffnet andererseits durch die eindeutig als älter identifizierbaren Stimmen und dem damit verbundenen Sprechtempo, eine ungewohnte Perspektive auf das klischierte Genre des Actionthrillers. Mit den Porträts der Sprecherinnen, die die Künstlerin in die Installation integriert hat, gibt sie den üblicherweise gesichtslosen Synchronstimmen in Adlershof einen Platz und lässt sie in Anbetracht des Junost Fernsehgerät als Zeitzeugen imaginieren.

 

Der Junost als Initialmoment und beinahe Protagonist hat sich beim Aufbau verselbstständigt und die Drohung des Aufklebers Dead Bang wahr gemacht:

Er ist durchgebrannt und musste durch einen konventionellen 90er Jahre Fernseher – ein eindeutiges Westprodukt, also – ersetzt werden.

 

Text: Maja Wismer

Teilnehmer Kerstin Honeit
Betreuung Berndt Wilde
ProjektkategorieProjekt
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Sprecherinnen
Alle Rechte vorbehalten
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Dead Bang Still
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